Pestizidatlas 2022
Pestizide sind für unsere Honigbienen eine große Gefahr. Diese Giftstoffe stören das Orientierungsvermögen und Gedächtnis der Honigbienen und schwächen ihr Immunsystem. In der Folge finden die Tiere nicht mehr zu ihrem Stock zurück und werden anfälliger für Krankheiten, die zum Kollaps des ganzen Bienenvolkes führen können.
Die Forschungsarbeiten von Paul Siefert vom Bieneninstitut in Frankfurt-Oberursel zeigen, dass unter anderem Neonicotinoide die Brutpflege der Bienen deutlich stören. Die Brutentwicklung läuft verlangsamt ab, was wiederum die Varroavermehrung fördert.
So klagte vor zwei Jahren bei einem Kurs in Kleinkemnat, Roland Frisch, der Vorsitzende der Pollenvereinigung Bodensee-Allgäu-Oberschwaben e.V., ein Zusammenschluss von Imkern aus der Region, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, einheimischen Blütenpollen zu sammeln und für den menschlichen Verzehr aufzubereiten, dass die Rückstände von Pestiziden im Blütenpollen oft so hoch sind, dass der Pollen verworfen werden muss. Pollen aus der Bodenseeregion sei derart belastet, dass er grundsätzlich nicht verwendet werden kann.
Der "Pestizidatlas" wurde in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) erstellt und soll "Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft 2022" vermitteln.
Er beschreibt die vielfältigen Gefahren des Pestizideinsatzes für Mensch und Umwelt, analysiert die profitablen und unlauteren Geschäfte der Agrarchemiekonzerne und nennt Alternativen zur Pestizidnutzung.
Trotz vieler Verschärfungen in den Zulassungsverfahren für Pestizide werden weltweit so große Mengen Pestizide ausgebracht wie nie zuvor. So landen 30.000 Tonnen Pestizide jedes Jahr auf deutschen Äckern.
Etwa die Hälfte der eingesetzten Mittel ziele auf die Bekämpfung von Unkraut – dann spricht man von Herbiziden. 30 Prozent richteten sich gegen Insekten – sogenannte Insektizide. Bei 17 Prozent der Mittel handele es sich um Fungizide – Mittel, die Pilze und Pilzsporen abtöten sollen.
Im Honig, auf Obst und Gemüse, im Bier, auf Spielplätzen und in der Luft – überall lassen sich Spuren von Pestiziden nachweisen. Die Folgen für die Umwelt sind dramatisch: Insektensterben, Pflanzenschwund, ausgelaugte Böden und verunreinigte Gewässer sind nur einige.
Cocktails aus verschiedenen Pestiziden lagern sich an, manchmal jahrzehntelang. Folgen, die beim Zulassungsverfahren aber kaum berücksichtigt werden. Die Wirkstoffe aus Pflanzenschutzmitteln wirken dem Bericht nach nicht nur dort, wo sie ausgebracht werden: Sie könnten versickern und verwehen, teilweise seien sie noch in 1000 Kilometer Entfernung nachzuweisen. (Pestizide: Ackergifte sind selbst auf dem Brocken nachweisbar, Spiegel)
Dem Bericht zufolge werden in Deutschland Äpfel besonders häufig gespritzt; zwischen 20 und 30 Mal pro Saison. Auch Wein, Hopfen und Kartoffeln gehörten zu den Anbaukulturen, die besonders häufig mit Pestiziden behandelt würden.
Der Markt für Pestizide ist lukrativ. Wenige gut vernetzte und einflussreiche Agrarchemiekonzerne wie Bayer und BASF teilen ihn unter sich auf. Kein Wunder also, dass Deutschland einer der größten Pestizidexporteure der Welt ist. Selbst in der EU verbotene Pestizide werden exportiert.
Online ist der Pestizidatlas 2022 auf der Seite des BUND abrufbar.
Als Imker*innen können wir zumindest selbst mit guten Beispiel vorangehen, indem wir im eigenen Garten auf Giftstoffe verzichten, unser Einkaufverhalten prüfen (z.B. Einkauf von Bio-Produkten) und unsere Bekannten auf den Pestizid-Missstand aufmerksam machen.
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